Archäologische Untersuchungen in Emerkingen

Mindestens 20 Töpferöfen zwischen Emerkingen und Unterwachingen

Bericht aus der Schwäbischen Zeitung vom 18.09.2024 (Friedrich Hog)

Seit dem 20. August ist ein Team von Archäologen des Landesamts für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart damit beschäftigt, in Millimeterarbeit in die Römerzeit vorzudringen. In den rund 200 Jahren ihrer Anwesenheit haben römische Soldaten und ihre Familien zahlreiche Spuren in unserer Gegend hinterlassen. Diese lassen sich mit moderner Technik aufspüren und nun gezielt freilegen.

Archäologische Arbeiten in Emerkingen

Die römische Donausüdstraße von Ertingen nach Munderkingen, eine Militär- und Handelsstraße, kennt zwei Abzweige. Der nördliche Zweig verläuft entlang der Donau, der südliche hat seinen Verlauf südlich des Bussens. Mit Entstehung des Donaulimes sind die beiden Straßen mit einer jeweiligen Breite von fünf bis acht Metern ab dem Jahr 60 nach Christus gebaut worden. Auf einem Kiesuntergrund wurden als Straßenbelag Steine aus der jeweiligen Gegend aufgebracht.

Wenngleich die Steine des Straßenbelags in der Regel nicht mehr vorhanden sind, lassen sich die Straßen anhand ihrer Kiesfundamente noch gut aufspüren. Auch ist anhand von Gräben deutlich geworden, dass die Römer die Straßen entwässert haben. Zwei von Pferden oder Ochsen gezogene Fuhrwerke konnten problemlos aneinander vorbeifahren, beladen mit Handelswaren aller Art wie Baumaterialien, Eisenbarren,
Keramik, Wein, Olivenöl, Getreide, Gewürzen oder Textilien. So bildeten Donau beziehungsweise die Donausüdstraße für über 100 Jahre die Nordgrenze des römischen Reichs, ehe die Ausdehnung auf die Schwäbische Alb und darüber hinaus erfolgte.

Ausgrabungsleiterin Doris Schmid, Referentin für provinzialrömische Archäologie beim Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, erklärte vor Ort, dass es mehrere Methoden gibt, um erfolgversprechende Grabungsstellen aufzuspüren. Auf Luftbildern seien unterschiedliche Bewuchsmerkmale erkennbar. „Getreide wächst auf Steinen anders als auf Humus“, so die Expertin.

Zudem könne über geomagnetische Messungen festgestellt werden, wo sich Steine oder Scherben von Töpferarbeiten im Erdreich befinden. Dabei muss man gar nicht tief graben: Im Bereich bis 50 Zentimeter Tiefe ist das Grabungsteam beim Köhlberg auf einer Fläche von rund 220 Quadratmetern in den vergangenen Wochen bereits vielfach fündig geworden.
 
Die als „Töpferei“ bezeichnete aktuelle Grabungsstätte hat bereits offenbart, dass sie direkt am südlichen Zweig der römischen Donausüdstraße ab dem zweiten Jahrhundert n. Chr. als Arbeitsstätte diente, bis ungefähr ins Jahr 230. Entdeckt wurde die Töpferei im Jahr 1860, als Wald gerodet wurde, um Ackerfläche zu gewinnen. Zahlreiche Scherben zeigten an, dass hier etwas stattgefunden hat. Diese ersten Spuren der Römer in der Gegend um Emerkingen wurden jedoch nicht von einem Landesdenkmalamt geborgen. Ein solches hat sich erst in den 1960er-Jahren etabliert.
 
Das Einsammeln der gefundenen Exponate oblag engagierten Einzelpersonen wie Konrad Miller und seinem Geometer Denzel, die im Jahr 1891 die Südstraße an 21 Stellen untersuchten. Miller, Altmeister der Römerforschung in Oberschwaben, war Theologe, Naturwissenschaftler und Kartografiehistoriker - und maßgeblich an der Widerentdeckung der Tabula Peutingeriana beteiligt, einer frühen Weltkarte, die das römische Straßennetz im spätrömischen Weltreich des vierten Jahrhunderts abbildet.
 
Ums Jahr 1900 haben im Bereich der Töpferei erste systematische Grabungen stattgefunden, bei denen erstmals Töpferöfen gefunden wurden. 1982 hat, nachdem seitens von Landwirten Scherben gemeldet worden waren, der Ehinger Realschullehrer Winfried Hanold als ehrenamtlicher Mitarbeiter des Landesamts für Denkmalschutz den Auftrag erhalten, im Rahmen eines Projekts mit seinen Schülern in der Töpferei zu graben. Dabei wurden weitere Töpferöfen gefunden.
 
In den beiden Folgejahren hat das Landesamt die Grabungen jeweils fortgesetzt und noch mehr Öfen entdeckt. Erfasst sind bereits rund 20 solcher Öfen. Ein besonders schönes Exemplar mit einem Durchmesser von 150 Zentimeter haben der Grabungsleiter vor Ort, Klaus-Dieter Dollhopf, und sein Team vor wenigen Tagen freigelegt.
 
Schön sichtbar sind die runden Steine, die das Fundament des einst 150 Zentimeter hohen Ofens bildeten. Der Experte verdeutlicht, dass diese Öfen wegen der Brenntemperatur von 600 bis 700 Grad nur für wenige Brennvorgänge taugten und dann durch neue ersetzt werden mussten, weshalb es bei Emerkingen so viele davon gibt.
Doris Schmid sagte, man habe im Nachgang zu den Grabungen in den 1980er-Jahren mit den Landwirten die Umwandlung in Grünland vereinbart, um Schäden durch Pflügen vorzubeugen. Die damit verbundene Erhöhung des Milchviehkontingents und mithin die Vereinbarung seien in den 1990ern aufgelöst worden. Hiernach sei wieder gepflügt worden. Dies habe 2020 Christian Weißhaupt festgestellt, ein ehrenamtlicher Mitarbeiter des Landesamts für Denkmalpflege.
 
Die 2023 folgenden geomagnetischen Messungen hätten weitere Unebenheiten und Anomalien festgestellt, die zu den jetzigen Grabungen führten. Ziel sei, das Leben der Römer weiter zu erforschen und zu dokumentieren. Schon jetzt weiß man, dass unterhalb der Öfen Holzhäuser gestanden haben. Da der Pächter des Grundstücks im Oktober einsäen möchte, kann das Team nicht alle Funde sichern. Es hofft daher, im kommenden Sommer nach der Ernte auf dem über 6000 Quadratmeter großen Areal der Römer weiterforschen zu dürfen.

Archäologische Funde bei Emerkingen

Neben fünf Festangestellten Mitarbeitenden des Landesamts ist aktuell auch Christian Weißhaupt an den Grabungen beteiligt. Zu seinen Entdeckungen, die er mit einer kleinen Kelle mit freilegte, gehört unter anderem eine römische Reibeschale mit Ausgussnase, die als Gefäß für Lebensmittel gedient hat, etwa wenn Oliven zu Pasten verarbeitet wurden.
 
Bürgermeister Paul Burger freute sich vor Ort, dass er seinen Führungen im Römerturm ab sofort neue Fakten hinzufügen kann. Er dankte dem Pächter für seine Bereitschaft, die fachlich fundierten Blicke in die Vergangenheit Emerkingens zu ermöglichen.